In der „Schwäbischen Zeitung“ vom 1.12.2020 stand ein Nachruf auf den Schauspieler, Autor und Regisseur Dr. Peter Radtke, der am 28.11. in München 77-jährig gestorben ist. 1943 war er in Freiburg zur Welt gekommen. Die angeborene Glasknochenkrankheit machte ihn zu einem Schwerbehinderten. Dennoch studierte er Romanistik und wurde erfolgreicher Schauspieler mit Auftritten auf großen Bühnen wie München, Zürich und Wien.
Der VdK Bayern würdigt ihn als leidenschaftlichen Vorkämpfer für Inklusion in Kunst und Gesellschaft. „Die Zahl der Freundinnen und Freunde, die um ihn trauern ist groß, für viele ist er ein Vorbild“, schreibt die Landesvorsitzende Ulrike Mascher. Radtke war von 1994 – 2001 Präsident der europäischen Vereinigung zur Förderung von Kreativität und Kunst behinderter Menschen. Von 2003 – 2016 war er im Deutschen Ethikrat.
Während seines Studiums machte ihn ein Dozent auf die Gestalt Hermann des Lahmen aufmerksam, also auf einen ebenfalls schwer Behinderten, der dennoch ein hochkarätiges Werk hinterlassen hat. Das führte schließlich zu seinem Schauspiel „Hermann und Benedikt – das Brot teilen“, uraufgeführt 1991 in Regensburg. Damals spielte Peter Radtke selbst den behinderten Hermann. Im Zentrum des Stückes stehen zwei Behinderte, die beide in Altshausen aufwachsen und sich dann wieder auf der Reichenau treffen. Höhepunkt des Stücks ist der Augenblick, in dem Hermann, der angesehene, aber behinderte Mönch, dem bettelnden Benedikt ein Stück Brot gibt. In diesem Drama wird die Not der Menschen in dieser Welt, werden menschliches Versagen und Unzulänglichkeiten dargestellt. Das Wirken des Krüppels Hermann ist da wie ein warmes Licht in der Finsternis.
Peter Radtke kam mit seiner Frau im September 1993 zu den „Hermann-Tagen“ nach Altshausen. Die begannen am Samstag, 4. September, mit einem Gespräch am Runden Tisch, bei dem neben Dr. Radtke noch der H.H. Erzabt von Beuron, Hieronymus Nitz OSB, Sr. M. Calasanz Ziesche, Schwester Unserer lieben Frau, Rheinbach bei Bonn, Sr. Hermine Ziegler O.T., Passau, Madame Claire-Paulette Lichtle aus Rouffach, Dr. Josef Kerkhoff, Stuttgart und Walter Ebner teilnahmen. Den Festgottesdienst am 5. September in der Schlosskirche St. Michael zelebrierten der H.H. Erzabt und Pater Rektor Ziegler SVD, Blönried. Anschließend war die Ausstellungseröffnung „Hermann der Lahme – Graf von Altshausen“ in der Altshauser Volksbank.
Als Nachlese der Altshauser Hermann-Tage schrieb Dr. Ewald Gruber, Bad Saulgau in den „Beiträgen zur Kulturgeschichte von Altshausen und Umgebung“ eine Folge: „Anmerkungen zur Darstellung Behinderter in der Literatur.“
Dr. Radtke wurde in seinem Rollstuhl von seiner Frau geschoben. Diese wurde auch mit dem Kiesweg im Schlosshof fertig. Aber auch sie hatte eine Behinderung, sodass er ihr beim Mittagessen das Fleisch schnitt. Den Hermann-Freunden in Altshausen bleibt er in guter Erinnerung.
Walter Ebner